KI-REALLABOR für die Automation und Produktion
Michael ist Maschinenbauer. Seine Maschinen bestehen aus Teilen unterschiedlicher Hersteller und werden weltweit eingesetzt. Er möchte die Effizienz für seine Kunden verbessern. Dazu benötigt er Daten aus den laufenden Maschinen. Er will sie gesamtheitlich mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und seinem Betriebs- und Konstruktionswissen auswerten. Jedoch hat er in seinem Unternehmen keine Möglichkeit dazu.
Beschränkte KI Nutzung
So geht es vielen kleinen und großen Unternehmen auf dem Weg zur Industrie 4.0 – und ebenso der Forschung, der Politik und den Industrieverbänden: „Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) gilt als wesentlicher Innovationstreiber im privaten, öffentlichen und wirtschaftlichen Sektor,“ sagt Johannes Kalhoff, Leiter der Arbeitsgruppe der Plattform Industrie 4.0 zu Technologie- und Anwendungsszenarien. „Wir müssen die Nutzung von KI Methoden fördern, um Innovationsfähigkeit zu gestalten.“ Doch der Einsatz von KI unterliegt vielen Beschränkungen. Zum einen haben aktuelle KI Technologien zu wenig direkten Bezug zu den praktischen Problemstellungen der Industrie. Zum anderen fehlt für Tests der Zugang zu nutzbaren industriellen Infrastrukturen und realen Produktionsanlagen. So sind auch sinnvolle Regulierungen und rechtliche Rahmenbedingungen derzeit sehr schwierig.
Potenziale nutzen durch Kooperation
Wie kann die Kluft zwischen Forschung und Praxis also überbrückt werden? Eine Lösung bietet das neue KI-Reallabor in Lemgo. „Mit dem KI-Reallabor wollen wir einen offenen und gleichzeitig geschützten Kollaborationsraum für Mensch und Technik schaffen. Mit möglichst wenigen Regulierungen möchten wir Innovationsprozesse zulassen, um Potenziale und Auswirkungen von KI in enger Kooperation zwischen Wissenschaft und Industrie in realer Industrieumgebung zu erforschen,“ sagt Prof. Dr.-Ing. Jürgen Jasperneite, Leiter des Fraunhofer IOSB-INA.
Zusammen mit der Plattform Industrie 4.0 und weiteren Partnern hat Fraunhofer in der der SmartFactoryOWL das Realabor ins Leben gerufen. Gefördert wird es vom Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Ernst Stöckl-Pukall, Referatsleiter für Digitalisierung und Industrie 4.0 im BMWi, sagt dazu: „Mit der Plattform Industrie 4.0 haben wir in Deutschland ein starkes Netzwerk aufgebaut, das Projekte wie das KI-Reallabor erst ermöglicht. Das Reallabor bietet nun gute Chancen, den innovativen, vertrauensvollen und sicheren Datenaustausch in der Industrie einen Schritt voranzubringen. Das passt auch hervorragend in die Ziele, die die wir mit dem Projekt GAIA-X, dem Aufbau einer souveränen europäischen Dateninfrastruktur, verfolgen.“
Interoperabilität und Souveränität mit KI
Neben Souveränität ist auch Interoperabilität in den digitalen Ökosystemen der Zukunft essenziell. Mittels KI und Standards kann die Datenintegration von dezentralen Systemen maßgeblich vereinfacht werden. So zahlt das KI-Reallabor auf das Leitbild 2030 für Industrie 4.0 ein. Das Labor wird ein Industrie 4.0-konformes Datenportal entwickeln. Dieses führt Daten aus unterschiedlichen Quellen semantisch interoperabel zusammen. Die Daten stellt das Labor für eine wertschöpfende Nutzung zur Verfügung und wahrt dabei die digitale Souveränität durch Datenschutz und Nachvollziehbarkeit.
Mitmachen erlaubt
Das KI Reallabor ist eine öffentliche Infrastruktur, die die Teilnahme von KI Anwendern und KI Anbietern auf einer Plattform erlaubt. Hierzu wird zeitnah eine offene Plattform auf der Webseite der SmartFactoryOWL erstellt, die Zugriff auf Daten aus dem Reallabor ermöglicht und diese für den Einsatz neuer Algorithmen freigibt. So gemeinschaftlich an der Gestaltung Künstlicher Intelligenz in der Produktion gearbeitet.
Die nötige Infrastruktur
Prof. Dr. Peter Post von Festo SE & Co. KG fasst zusammen: „Das KI-Reallabor ermöglicht die Evaluierung und Weiterentwicklung von Methoden der künstlichen Intelligenz in einer realitätsnahen industriellen Umgebung. Die dort gesammelten Erkenntnisse sind die Voraussetzung für die verlässliche Anwendung von KI in realen Produktionsanlagen mit den hohen Anforderungen an Zuverlässigkeit und Funktionalität.“
Im KI-Reallabor findet Maschinenbauer Michael also die nötige Infrastruktur. Er kann auf Daten aus seinen Testsystemen sowie auf Daten ausgewählter, interessierter Kunden und Hersteller zurückgreifen. Der Maschinenbauer kann seine Ideen mit Experten besprechen und mit seinen Kunden ausprobieren. Über einen Hackathon im Rahmen des Reallabors findet er einen Start-Up-Partner, der seine Idee eines verbesserten Services überraschend erweitert. Michael bietet neben seiner Maschine nun auch Dienstleistungen an. Diese erhöhen seine Wettbewerbsfähigkeit. Mit seinem zusätzlichen Partner schafft er weiteren Nutzen und vergrößert sein Geschäftsfeld auch als mittelständisches Unternehmen.